Das Grundgesetz hat am 23.05.2024 sein 75-jähriges Bestehen in den „alten Bundesländern” gefeiert. Seine Verabschiedung war unmittelbare Reaktion auf den Nationalsozialismus. Auch deshalb enthält es seit dem ersten Tag ein Grundrecht auf Asyl, das als subjektives Recht aufgenommen wurde, um sicherzustellen, dass „die Würde des Menschen […] unantastbar“ ist.
Das Asylrecht ist eine Lehre aus den Verbrechen der Nazis
Es spiegelt also die Lehren aus den Verbrechen der Nazis und dem unendlichen Leid derjenigen, die vor dem Faschismus aus Deutschland fliehen mussten. Das grundgesetzliche Recht auf Asyl sollte sicherstellen, dass Menschen die vor Verfolgung fliehen, in der Zukunft nicht in den Verfolgerstaat zurückgewiesen werden können. Und es steht für ein Bekenntnis zur deutschen Verantwortung für Schutzsuchende! Doch wird diese historisch gewachsene Verantwortung auch tatsächlich noch ernst genommen? Schon
1993 wurde das grundgesetzliche Asylrecht durch den „Asylkompromiss“ nach langen Kämpfen ausgehöhlt. Zusätzlich zu weitreichenden Einschränkungen wurde die Kompetenz für asylrechtliche Regelungen auf die EU übertragen. Dies führt dazu, dass das grundgesetzliche Recht auf Asyl seine praktische Bedeutung weitgehend verloren hat und europäische Regelungen zum „internationalen Schutz“ ihrerseits Schutz bieten.
Zum Inhalt des Webinars
Im Rahmen unseres Webinars möchten wir die die Geschichte und die Kämpfe rund um das grundgesetzliche Asylrecht aufarbeiten
Im Anschluss soll der Fokus auf den Bedeutungsverlust des verfassungsrechtlichen Asylrechts in der Rechtspraxis und seine Überlagerung durch europäische Vorgaben diskutiert werden
Die Diskussion wird auf Deutsch stattfinden. Wir freuen uns auf rege Teilnahme!
[1] Pauline Endres de Oliveira ist Professorin für Recht und Migration an der Humboldt-Universität zu Berlin. Ihre interdisziplinär und international ausgerichtete Forschung legt einen Schwerpunkt auf die völker- und unionsrechtlichen Bezüge des Migrationsrechts und internationalen Menschenrechtsschutz. Im Rahmen ihrer Professur koordiniert und begleitet sie die rechtliche Ausbildung der Refugee Law Clinic Berlin.
[2] Dr. Patrice G. Poutrus ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück und promovierter Historiker. Er hat u.a. zu Migration und Flucht in beiden deutschen Staaten während des Kalten Krieges und darüber hinaus geforscht und umfangreich publiziert. In seinem Buch „Umkämpftes Asyl. Vom Nachkriegsdeutschland bis in die Gegenwart“ zeichnet er die Kämpfe um das grundgesetzliche Asylrecht nach.